Sammelklagen wegen lebensbedrohender Pille, Selbsthilfegruppe erkrankter Frauen gegründet - Bayer in Bedrängnis - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Public Affairs



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 30.07.2010


Sammelklagen wegen lebensbedrohender Pille, Selbsthilfegruppe erkrankter Frauen gegründet - Bayer in Bedrängnis
Marie Heidingsfelder

Seit der Markteinführung im Jahr 2000 starben 190 Frauen, die mit den Bayer-Contraceptiva Yasemin®, Yasminelle® oder Yaz® verhütet haben. Überprüfen auch Sie, ob Ihre Pille zu den riskanten...




... drospirenonhaltigen Präparaten gehört. Alle Infos hier.

NEWS vom 23.04.2012Bayer muss mit Klagen in Millionenhöhe rechnen

Wie der Tagesspiegel am 23. April 2012 berichtete, laufen in den Staaten zu den gefährlichen Verhütungsmitteln derzeit mehr als 11.300 Klagen wegen Gesundheitsschädigung gegen Bayer. SprecherInnen des Konzerns räumten ein, dass der Versicherungsschutz eventuell nicht ausreichen werde, um alle durch die Prozesse anfallenden Kosten abzudecken. Wie das "Bulletin zur Arzneimittelsicherheit" im Dezember 2011 schrieb, erkranken bei der Einnahme oraler Kontrazeptiva 9,1 von 100.000 Frauen pro Jahr an einer Thrombosembolie. Bei Einnahme drospirenonhaltiger Pillen sind es 23 von 100.000 Frauen im Jahr.

Felicitas Rohrer ist die erste betroffene Frau, die in Deutschland gegen den Konzern klagt. Ihre Geschichte trug sie im April 2011 dem Bayer Vorstand vor.
Inzwischen hat sich eine deutsche Selbsthilfegruppe erkrankter Frauen gegründet, die über die Risiken der Drospirenon-Pillen informiert.

Unter folgendem Link können Sie überprüfen, ob Ihre Pille zu den riskanten drospirenonhaltigen Präparaten gehört.

(Quellen: Tagesspiegel, Coordination gegen BAYER-Gefahren, Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Ärzteblatt)



Bittere Pille

Die in den Vereinigten Staaten laufenden Verfahren um Gesundheitsschädigungen durch gefährliche Anti-Baby-Pillen gegen den Bayern-Konzern könnten das Pharmaunternehmen in ungeahnte Kosten stürzen.

Seit der Markteinführung im Jahr 2000 starben 190 Frauen, die mit den Bayer-Contraceptiva Yasemin®, Yasminelle® oder Yaz® verhütet haben

So das erschreckende Fazit der amerikanischen Gesundheitsbehörde. Laut einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Arzneimittel vom März 2010 gab es auch in Deutschland 2009 fünf Opfer, die Pillen mit dem Wirkstoff "Drospirenon" nahmen.


Von den deutschen Frauen verhüten 55 Prozent der 20- bis 44-Jährigen mit der Pille, bei den 20- bis 29-Jährigen sind es sogar 72 Prozent. Die Vorteile des damit beliebtesten Verhütungsmittels sind bekannt: Das Hormonpräparat ist sehr sicher, einfach in der Anwendung und die Nebenwirkungen für die meisten Nutzerinnen rein ästhetischer Natur oder sogar gewünscht - wenn es beispielsweise um gelinderte Menstruationsbeschwerden oder reinere Haut geht. Der jüngst konstatierte Zusammenhang mit Todesfällen sorgte deshalb - wenn auch leicht verspätet - für einen Skandal.

Zwar gibt es - zumindest bei den deutschen Opfern - keinen verlässlichen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Yasmin und dem Tod, wie Maik Pommer vom Bundesinstitut für Arzneimittel in Bonn gegenüber PressevertreterInnen sagte, doch die bereits im März 2010 veröffentlichte Studie stellt für Drospirenon im Vergleich zu anderen Wirkstoffen ein höheres Risiko für die Entwicklung venöser thromboembolischer Ereignisse fest: Gefährliche Blutgerinsel in den Beinen oder der Lunge können entstehen. In Amerika kam es bereits zu einer Klagewelle mit 2.700 Betroffenen, die im zweiten Rechnungsquartal zu ernsten Umsatzeinbrüchen des Chemiekonzerns führten. Denn das medikamentöse Verhütungsensemble um Yaz®, Yasmin®, Yasminelle®, sowie Aida® und Petibelle® der Bayer-Tochter Jenapharm® war bis dato ein Gewinngarant und ist dank neuer Märkte in Asien weiter auf dem Vormarsch. Seit der Zulassung vor zehn Jahren avancierte Yasmin® sogar zeitweise zum beliebtesten Verhütungsmittel der Welt - obwohl es seit seiner Einführung kritisiert wurde, weil es Wassereinlagerungen entgegenwirkt und so eine Verdickung des Blutes herbeiführen kann.

Nebenwirkungen als Verkaufsargument

Tatsächlich hat Bayer diese Kritik umgekehrt und in die Marketingstrategie für seine Contraceptiva eingebaut: Durch den Abbau von Wasser mache das neue Wundermittel die Nutzerinnen auch schlank. Wer sich auf der Bayer-Website über Yasmin® und die kleine Schwester Yasminelle® informieren möchte, wird auf die vom Pharmakonzern finanzierte Website "pille.com" geleitet und landet in der Rubrik "Mikropille 21/7 - The light side of love", wo als weiterer Service ein BMI-Rechner angeboten wird.

Die Empfängnisverhütung als eigentliches Ziel der Behandlung gerät fast in den Hintergrund, folgt man der weiteren Beschreibung des "Wellnessprodukts": Yasmin® hat danach "einen positiven Einfluss auf prämenstruelle Beschwerden wie z.B. Völlegefühl, Brustspannen oder geschwollene Extremitäten. Darüber hinaus wirkt sich Drospirenon auf Grund seiner antiandrogenen Eigenschaften günstig auf das Hautbild aus.".
Niedliche, betont feminine Namen, bunte Verpackungen und das Image eines Wellness-Produktes - es scheint, als sei die Pille 50 Jahre nach ihrer Zulassung aus den Tiefen der Schubladen und Handtaschen zum Accessoire der modernen, selbstbewussten Frau avanciert.

23. Juni 2010: 50 Jahre Pille

Zweifellos stellt die Erfindung der kleinen Tabletten eine Revolution dar, denn die Pille ermöglicht Frauen, selbstständig und sicher zu verhüten - Die sexuelle Selbstbestimmung auf Rezept führte zu wichtigen gesellschaftlichen und familiären Umbrüchen. Doch so wichtig und gut das Medikament ist, so wenig wissen viele über ihre Nebenwirkungen. Wer nach der Pappschachtel ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche kramt, weiß oft nicht, dass sie ihr Thromboserisiko unabhängig des verwendeten Wirkstoffs deutlich erhöht. Des weiteren kann die Pille kann unerwünschten Wirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Gewichtszunahme, Migräne, Spannungsgefühlen in den Brüsten, Stimmungsveränderungen und zur Absenkung der Libido bis hin zur Frigidität führen. Und neben dem Thromboserisiko sind Bluthochdruck und Störungen der Leberfunktion als schwerer Risiken bekannt.
Derartige Erkrankungen betreffen zwar Einzelfälle, doch der jüngste Skandal zeigt, dass die Pille - wie alle Medikamente - Gefahren bergen kann und eine ärztliche Beratung und Betreuung nötig macht.

Weitere Informationen finden Sie unter:

Selbsthilfegruppe Drospirenon Geschädigter (SDG)

Die Selbsthilfegruppe Drospirenon Geschädigter auf Facebook

"Streit um die Antibaby-Pille : Die Risiko-Frage für Bayer" (Tagesspiegel, 23. April 2012)

Kontrazeptiva: Drospirenon mit höherem Thrombosembolierisiko (Ärzteblatt, 26. April 2011)

"Bulletin zur Arzneimittelsicherheit" (Dezember 2011)

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Beitrag vom 30.07.2010

AVIVA-Redaktion